Mittwoch, 29. September 2010

Schritt für Schritt

Die Ereignisse überschlugen sich, zum Denken, für Selbstbemitleid, zum Träumen und Verdrängen keine Zeit.

Die Suche nach einem neuen Zuhause, einem Kollegen gegenüber nur beiläufig erwähnt, erübrigte sich, da dessen Tochter umzog und ihr die Wohnung überließ.
Davon profitierten sie beide, die junge Frau brauchte nun keine Frist einzuhalten und Lynnie konnte nun endlich raus, raus, raus aus dem Haus, das ihr, obwohl es groß und gut aufgeteilt, immer enger und enger wurde und ihr die Luft zum atmen nahm.

Nicht mehr am Stadtrand, mittendrin, alle wichtigen Stationen schnell zu Fuß, mit dem Rad oder Auto erreichbar. In unmittelbarer Nähe der wunderschöne Park, was sie darüber hinweg tröstet, dass der Wald nun zu weit weg liegt um ihre regelmäßigen "Besuche" ihrer Lieblingsplätze wie gewohnt in ihrem Tagesablauf unterzubringen.

Die Wohnung, klein aber gemütlich, große Fenster mit schöner Aussicht, anfangs leer und trostlos, nun mit neuen Tapeten und sanften Farben frisch und einladend.

Die Möbel fast alle neu angeschafft, bis auf den alten Eichenschrank und die dazu gehörige Kommode.

Die Decken ungewohnt hoch wirkten die Fenster wie tote Augen. Sie, abends auf dem gemütlichen, neuen Sofa, sich fremd fühlend, fehl am Platze, ohne Vertrautheit, ohne Trost, wie ein kleines Mädchen, angstvoll, ruhelos.

Doch schnell waren Stoffe besorgt und passende Vorhänge genäht, Bilder und ihren großen, wundervollen Spiegel aufgehängt, mit ein klein wenig Dekoration die fremden Zimmer in ein neues Heim verwandelt.

Altes, gemischt mit Neuem, ein wenig Erinnerung hier, ein wenig "Neues Leben" dort..

Drei andere Parteien noch im Haus, doch bisher kaum Kontakt zu ihren Nachbarn, flüchtige Begegnungen im Treppenhaus, ein gegenseitiges "Guten Tag", mehr nicht, doch das genügt ihr, vorerst.
Nur abends hört sie Geräusche im Haus, Schritte, gedämpfte Stimmen, ungewohnt, störend und doch seltsam tröstend zu wissen:

Ich bin nicht allein!

Die ersten Schritte, zaghaft, so sehr gefürchtet, sind getan. Mit Hilfe des Mannes, der sich all die Jahre für sie mitkümmerte, der ihr alles erklärte, konnte sie anmelden, ummelden, Verträge kündigen, neue abschließen, die neue Anschrift weiterleiten und vieles andere, mit dem sie sich bisher niemals hat beschäftigen müssen.

Langsam kehrt der Alltag zurück, nach und nach eine gewisse Routine, der neue Tagesablauf so völlig anders als früher.
Sich nicht mehr nach dem Mann richten, nicht mehr mit dem Essen, keine langweiligen Fernsehabende mehr, an denen der Mann einst das Programm entschied, keine störende Musik, die nicht ihrem Geschmack entsprach,

endlich

endlich

endlich

nur

endlich

für mich

endlich

Ich.
logo

Hinter den Spiegeln

Die Flucht in die Phantasie um die Realität zu verstehen

Ihr Status

Kommen Sie ruhig näher

Reicht die Zeit

Auf dem Weg

Online seit 5398 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2. Jan, 21:53

Credits

eins, zwei, drei, ganz viele:


Altlasten
Am Anfang vom Ende
Neuland
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren