Das Gespräch
So viel ist passiert in den letzten Tagen, alles ging so schnell, kam so plötzlich, sehr viele Veränderungen in meinem Leben, die ich noch immer versuche einzuordnen.
Ich traf mich mit meinem Mann in einem kleinen Café, etwas außerhalb der belebten Stadt, zu einer Uhrzeit, in der es nicht so stark besucht sein würde.
Schon als ich ihn um dieses Treffen bat, wirkte er ruhig, gefasst, ahnend, wissend..
Viel zu früh erschien ich, lange vor der ausgemachten Zeit, ängstlich, sehr nervös.
Ich versuchte mich zu ordnen, formulierte bereits in Gedanken meine Anliegen, meine Antworten auf eventuelle Fragen.
Als er kam, pünktlich wie immer, begann unser Gespräch mit harmlosen Geplänkel, angenehm und locker.
„Fast wie früher.“ dachte ich.
Seltsam unbeschwert, fast ein neues Kennenlernen, wir beide sorgsam darauf bedacht dem Anderen Aufmerksamkeit zu schenken, gegenseitiges Befragen nach dem Befinden, vorsichtiges Annähern..
Offensichtlich, dass wir beide versuchten, durch Plauderei dem eigentlichen Grund des Treffens aus dem Wege zu gehen oder es zumindest weiträumig zu umkreisen, wie die Katze den heißen Brei.
Doch nachdem der Kaffee getrunken und der Kuchen gegessen war, stieg in mir die Spannung wieder, wurde unerträglich, mit Gewalt verbot ich mir den Gedanken, alles wieder hinauszuzögern, sammelte all meinen Mut, setzte mich gerade, die Schultern zurück, den Kopf aufrecht, den Blick fest auf das Gesicht meines Mannes gerichtet und begann..
Und es war einfacher, als sie es sich gedacht hatte, die Gedanken, die Worte
„Es tut mir so leid.“
in ihrer Vorstellung so oft gesprochen
„Spürst du es denn nicht auch?“
umformuliert, entschärft, wohlüberlegt
„Wenn du ehrlich zu dir bist“
nahmen Formen an, sprudelten heraus
„wäre es für uns beide doch besser“
wurden wahr
„wir würden uns trennen?“
und verschafften, neben der Angst auf die Reaktion, doch auch unglaubliche Erleichterung.
Eine gefühlte Ewigkeit sagte er nichts, schien zu überlegen, setze an, um doch wieder zu schweigen.
Ich spürte, auch er schien ängstlich zu sein, unsicher, ein Gefühl, welches ich bei ihm, der immer stark und selbstbewusst, selten erlebte.
Nach einer Weile sagte er: „Ja, ich glaube, du hast recht. Es wird wohl das Beste sein, für uns beide. Auch mir tut es leid.“
Und er nahm meine Hände, die erste Berührung nach langer, langer Zeit, hielt sie fest, der Druck der Hände von mir erwidert, wir sahen uns beide in die Augen, spürten, bedauerten, viele Emotionen, in Worte nicht zu fassen, schwirrten um uns herum, suchten und fanden, sprachen eine Sprache, in der Worte überflüssig waren, die mehr erklärten, als alles andere..
Zum Abschied schlug er vor, dass wir beide erst einmal zur Ruhe kommen sollten, bevor wir unser Gespräch fortsetzen und ich stimmte zu.
Er versicherte mir, mir zu helfen, mich zu unterstützen und ich bedankte mich dafür, auch wenn ich mir sicher bin, sein Angebot nicht in Anspruch zu nehmen, jedenfalls nicht allzu sehr.
„Ich denke, ich komme heute nicht nach Hause.“ sagte er noch. „Ich werde bei einem Freund übernachten, ich muß mit jemandem über alles reden. Du kommst doch zurecht, oder?“
Seine Stimme zitterte und ich spürte, dass er, obwohl er nach Außen hin versuchte stark zu wirken, den Tränen nahe war. Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung, innig, die erste seit fast 2 Jahren, das Gefühl des Vertrauten, aber auch des Fremden.
Ich lief eine ganze Weile durch den Park, verwirrt, befreit, unsicher, gestärkt. Die Gefühle fuhren Achterbahn in meinem Kopf, unfähig diese zu greifen, zu verstehen, zu halten, zu verfolgen.
Wie lange ich durch den Park lief weiß ich nicht, die Füße fanden ihren Weg wie von allein. So stand ich irgendwann vor unserer Haustür, es dämmerte bereits und noch immer war ich durcheinander.
Wie durch die Augen einer anderen Person sah ich mich die Hausarbeiten erledigen, ich kochte, ich aß, ohne zu schmecken, ohne wirklich da zu sein.
Und dann abends im Bett, dieser Gedanke, diese Erkenntnis, kam über mich wie eine Welle, überrollte mich, zog mich mit, nicht zu bremsen, es gab kein Entkommen – und ich weinte, weinte, weinte wie noch nie zuvor im meinem Leben.
Wie konnte es nur sein, warum war sie so blind gewesen?
Das Verständnis, die Erleichterung des Mannes.
Sie hatte es gesehen, in seinen Augen.
Es ging ihm ebenso wie ihr und sie hatte es nicht gemerkt, auch er litt unter dieser längst gestorbenen Beziehung und schien ebenso wenig Mut gehabt zu haben wie sie, einen Strich zu ziehen, klare Worte zu finden.
Und sie hatte es nicht wahr genommen, zu sehr mit sich selbst beschäftigt, blind und taub für die Gefühle anderer, blind und taub gegenüber der Gefühle des Mannes, den sie schon so lange zu kennen glaubte, mit dem sie fast 10 Jahre verheiratet ist.
Seine Ängste und Unfähigkeit als Egoismus gewertet, seinen Rückzug von ihr als Gefühlskälte.
„Wie lange schon?“ fragte sie sich. „Wie lange schon?“
Und sie weinte wegen all der Zeit, die sie statt gemeinsam verbracht nebeneinander her verschwendet hatten, weinte wegen all der verpassten Gelegenheiten, die sie nicht wahrgenommen hatten, beide schuldig und unschuldig zugleich, beide still leidend, unfähig, traurig, schwach.
Und es tat gut.
Ich traf mich mit meinem Mann in einem kleinen Café, etwas außerhalb der belebten Stadt, zu einer Uhrzeit, in der es nicht so stark besucht sein würde.
Schon als ich ihn um dieses Treffen bat, wirkte er ruhig, gefasst, ahnend, wissend..
Viel zu früh erschien ich, lange vor der ausgemachten Zeit, ängstlich, sehr nervös.
Ich versuchte mich zu ordnen, formulierte bereits in Gedanken meine Anliegen, meine Antworten auf eventuelle Fragen.
Als er kam, pünktlich wie immer, begann unser Gespräch mit harmlosen Geplänkel, angenehm und locker.
„Fast wie früher.“ dachte ich.
Seltsam unbeschwert, fast ein neues Kennenlernen, wir beide sorgsam darauf bedacht dem Anderen Aufmerksamkeit zu schenken, gegenseitiges Befragen nach dem Befinden, vorsichtiges Annähern..
Offensichtlich, dass wir beide versuchten, durch Plauderei dem eigentlichen Grund des Treffens aus dem Wege zu gehen oder es zumindest weiträumig zu umkreisen, wie die Katze den heißen Brei.
Doch nachdem der Kaffee getrunken und der Kuchen gegessen war, stieg in mir die Spannung wieder, wurde unerträglich, mit Gewalt verbot ich mir den Gedanken, alles wieder hinauszuzögern, sammelte all meinen Mut, setzte mich gerade, die Schultern zurück, den Kopf aufrecht, den Blick fest auf das Gesicht meines Mannes gerichtet und begann..
Und es war einfacher, als sie es sich gedacht hatte, die Gedanken, die Worte
„Es tut mir so leid.“
in ihrer Vorstellung so oft gesprochen
„Spürst du es denn nicht auch?“
umformuliert, entschärft, wohlüberlegt
„Wenn du ehrlich zu dir bist“
nahmen Formen an, sprudelten heraus
„wäre es für uns beide doch besser“
wurden wahr
„wir würden uns trennen?“
und verschafften, neben der Angst auf die Reaktion, doch auch unglaubliche Erleichterung.
Eine gefühlte Ewigkeit sagte er nichts, schien zu überlegen, setze an, um doch wieder zu schweigen.
Ich spürte, auch er schien ängstlich zu sein, unsicher, ein Gefühl, welches ich bei ihm, der immer stark und selbstbewusst, selten erlebte.
Nach einer Weile sagte er: „Ja, ich glaube, du hast recht. Es wird wohl das Beste sein, für uns beide. Auch mir tut es leid.“
Und er nahm meine Hände, die erste Berührung nach langer, langer Zeit, hielt sie fest, der Druck der Hände von mir erwidert, wir sahen uns beide in die Augen, spürten, bedauerten, viele Emotionen, in Worte nicht zu fassen, schwirrten um uns herum, suchten und fanden, sprachen eine Sprache, in der Worte überflüssig waren, die mehr erklärten, als alles andere..
Zum Abschied schlug er vor, dass wir beide erst einmal zur Ruhe kommen sollten, bevor wir unser Gespräch fortsetzen und ich stimmte zu.
Er versicherte mir, mir zu helfen, mich zu unterstützen und ich bedankte mich dafür, auch wenn ich mir sicher bin, sein Angebot nicht in Anspruch zu nehmen, jedenfalls nicht allzu sehr.
„Ich denke, ich komme heute nicht nach Hause.“ sagte er noch. „Ich werde bei einem Freund übernachten, ich muß mit jemandem über alles reden. Du kommst doch zurecht, oder?“
Seine Stimme zitterte und ich spürte, dass er, obwohl er nach Außen hin versuchte stark zu wirken, den Tränen nahe war. Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung, innig, die erste seit fast 2 Jahren, das Gefühl des Vertrauten, aber auch des Fremden.
Ich lief eine ganze Weile durch den Park, verwirrt, befreit, unsicher, gestärkt. Die Gefühle fuhren Achterbahn in meinem Kopf, unfähig diese zu greifen, zu verstehen, zu halten, zu verfolgen.
Wie lange ich durch den Park lief weiß ich nicht, die Füße fanden ihren Weg wie von allein. So stand ich irgendwann vor unserer Haustür, es dämmerte bereits und noch immer war ich durcheinander.
Wie durch die Augen einer anderen Person sah ich mich die Hausarbeiten erledigen, ich kochte, ich aß, ohne zu schmecken, ohne wirklich da zu sein.
Und dann abends im Bett, dieser Gedanke, diese Erkenntnis, kam über mich wie eine Welle, überrollte mich, zog mich mit, nicht zu bremsen, es gab kein Entkommen – und ich weinte, weinte, weinte wie noch nie zuvor im meinem Leben.
Wie konnte es nur sein, warum war sie so blind gewesen?
Das Verständnis, die Erleichterung des Mannes.
Sie hatte es gesehen, in seinen Augen.
Es ging ihm ebenso wie ihr und sie hatte es nicht gemerkt, auch er litt unter dieser längst gestorbenen Beziehung und schien ebenso wenig Mut gehabt zu haben wie sie, einen Strich zu ziehen, klare Worte zu finden.
Und sie hatte es nicht wahr genommen, zu sehr mit sich selbst beschäftigt, blind und taub für die Gefühle anderer, blind und taub gegenüber der Gefühle des Mannes, den sie schon so lange zu kennen glaubte, mit dem sie fast 10 Jahre verheiratet ist.
Seine Ängste und Unfähigkeit als Egoismus gewertet, seinen Rückzug von ihr als Gefühlskälte.
„Wie lange schon?“ fragte sie sich. „Wie lange schon?“
Und sie weinte wegen all der Zeit, die sie statt gemeinsam verbracht nebeneinander her verschwendet hatten, weinte wegen all der verpassten Gelegenheiten, die sie nicht wahrgenommen hatten, beide schuldig und unschuldig zugleich, beide still leidend, unfähig, traurig, schwach.
Und es tat gut.
Lynnie - 29. Jul, 23:36
Lass Dir nun alle Zeit der Welt für das Betrauern des Vergangenen und Verlorenen. Du kannst Dich ja drauf verlasssen, dass es von diesem jetzigen Tiefpunkt aus nur noch einen weiteren Weg geben kann.
Den nach oben.